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Protokoll einer Baby-Mama


„Was machst du eigentlich den ganzen Tag?“ Es ist gut zehn Jahre her, dass meine damals kinderlose Freundin mich das fragte. Und das interessierte mich tatsächlich auch. Um eine Antwort zu finden auf die Frage, wo mein Tag hin verschwunden war, seit ich ein Baby hatte, schrieb ich (mehr als) ein Protokoll.

5.08 Uhr. Mein entzückendes Baby meckert wie eine Ziege.

5.13 Uhr. Bestimmt ist es die nasse Windel, die es plagt. Ich wickele im Dunkeln. Vielleicht schläft es ja mit trockener Hose nochmal ein?

5.14 Uhr. Mein Baby pinkelt in hohem Bogen über den Wickeltisch. Strampler und Schlafsack sind patschnass. Ich krame nach Wechselwäsche. Jetzt bin ich wach.

5.21 Uhr. Mein Baby liegt frisch wie trocken wieder im Stubenwagen. 5.23 Uhr. Erneutes Genörgel. Jetzt ist es bestimmt der Hunger. Ich stille. 5.42 Uhr. Mein Baby ist satt, aber ungemütlich, strampelt unaufhörlich neben mir im Bett.

5.43 Uhr. An Schlaf ist nicht mehr zu denken. Ich stehe auf und koche Kaffee. Die Milch reicht nicht mehr fürs Müsli. Ich notiere: Milch.

5.46 Uhr. Mit meinem Baby auf dem Arm räume ich die Küche auf und spüle die Pfanne, in der die Nudeln von gestern Abend kleben. 6.03 Uhr. Verschlafen schlürfe ich meinen Kaffee. Knatterknatterknatter. Diesmal hat mein Baby eindeutig in die Windel getroffen. 6.07 Uhr. Erneuter Windelwechsel. Erneuter Komplett-Wäschewechsel.


Ziemlich genau so geht mein Protokoll weiter. Viel mehr kommt da nicht. Bis ich um 21.37 Uhr, ohne vorher die Zähne geputzt zu haben, in mein Bett falle – wohlwissend, dass auch der nächste Tag für mich um ziemlich genau 5.07 Uhr mit einem Rascheln im Stubenwagen beginnen wird.


"Ich habe Milch besorgt."


Ein Baby zu bekommen, ist ne Nummer. Mit jedem, das dazu kommt, wird’s ne Nummer schärfer. Aber mit dem ersten geht alles los. Zum Zeitpunkt des Protokolls war mein Baby sechs Monate alt.


Was ich an diesem exemplarischen Tag zustande gebracht hatte? Tatsächlich nicht viel mehr als besagte Milch zu besorgen. Aber „Ich habe Milch besorgt.“ als Antwort auf die Frage „Was machst Du eigentlich den ganzen Tag?“ wäre mir ähnlich seltsam vorgekommen wie „Ich habe die Wassermelone getragen.“ in Dirty Dancing. Was es in gewisser Weise vielleicht aber auf den Punkt gebracht hätte: Ich habe das Baby getragen.


24/7, nix da 9 to 5


Mein Tag quoll über vor Liebe für dieses kleine, proppere Wesen, das mir da in die Wiege gelegt worden war. Ich war rund um die Uhr damit beschäftigt, es zu umsorgen, zu füttern und zu pflegen. Laut Protokoll habe ich am 25. Juli 2011 einmal geduscht, während mein Baby schlief. Einmal habe ich die Waschmaschine angestellt und auf dem Weg nach draußen eine Ladung stinkender Windeln zur Tonne transportiert. Später soll ich es glatt auch noch versucht haben, meiner Freundin eine eMail zu schreiben, die da im Büro saß und sich fragte, was ich eigentlich den ganzen Tag so trieb. Es muss bei einem Versuch geblieben sein. Denn in diesem Moment war wohl schon wieder Zeit für den Brei.


Und jetzt tu mir mal eine Baby-Mama den Gefallen und beantworte die Frage:

Was machst Du eigentlich den ganzen Tag?


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