Diese Frage kam gleich mehrere Male, als ich auf meinem Instragram-Kanal nach neuen Podcast-Themenwünschen fragte. Und ich freute mich sehr, wusste ich doch, dass ich genau zu diesem Thema vor langer Zeit einen lustigen wie ehrlichen Text geschrieben hatte, über den ich mich selbst amüsierte, weil das Thema „Ich & Sport“ schon ein gutes war, ehe ich mir überhaupt nur vorstellen konnte, dass mich einmal jemand danach fragen würde.
Dem Thema Sport war ich Zeit meines jungen Lebens immer nur mit einem Gefühl begegnet: Ablehnung. Aber irgendwie kommt man ja aber nicht drum rum um diesen Sport. Erst war da der Schulsport (Pflicht!), dann sportliche Freunde, die mich mit Begeisterung von einer Aktivität zur nächsten schleppten (Jetzt wollte ich dabei sein!), irgendwann dann das Fitnessstudio (für mich die Hölle auf Erden!). Eine ganze Weile strampelte ich aber dann doch tapfer neben meiner Freundin auf dem Ergometer her (Wie heißt dieses Fahrrad gleich?), immerhin gab es an die Decke montierte Fernseher.
Doch eines Tages – Es muss kurz vor Beginn einer dieser schweißtreibenden Spinning-Stunden gewesen sein, bei denen eine:r brüllt, die anderen keuchen – floh ich in einen abgedunkelten Raum in der hinterletzten Ecke des Studios. Für meinen Geschmack roch es unangenehm süßlich, aber es lagen Wolldecken bereit und die Dame ganz vorne im Raum trug eine gemütliche Pumphose statt gepolsterter Polyesterhosen. Erleichtert tat ich es ihr gleich und schwang mich in den Schneidersitz. Die Stunde begann mit einem langgezogenen Ohm, dem ich mit geschlossenen Augen ehrfürchtig lauschte. Ich fühlte mich nicht erleuchtet, aber doch irgendwie wohler. Heute würde ich sagen: Yoga ist noch am ehesten mein Sport. Wobei Yoga so viel mehr als ein Sport ist, weshalb ich das natürlich sofort wieder zurücknehme.
Wie es kommt, dass ich nun seit über 20 Jahren mehr oder weniger regelmäßig Yoga praktiziere? Ich mag, dass ich nichts dafür brauche. Denn ich hasse jede Art von Funktionsbekleidung. Ich bin gerne barfuß. Außerdem fällt mir Yoga von allen Arten der Bewegung noch am leichtesten. Ich bin eher der elastische Typ als der muskulöse, hocke viel wie gerne und am allerliebsten auf dem Boden. Ich mag Wiederholungen und ich mag es zu spüren, wenn Atem, Körper und Geist zur Ruhe kommen. Dass Yoga mitunter sehr anstrengend wird, kann ich gut aushalten, denn bisher kriegten mich noch alle Yoga-Lehrer:innen mit genau einem Satz dran: „Geh‘ an deine Grenze, aber überschreite sie nicht.“ An eher schwachen Tagen verbringe ich so schon immer viel Zeit in der Stellung des Kindes.
Apropos: Lange Jahre war mein Alltag mein Sport.
Als die Kinder kleiner waren, ich täglich diese bekloppt vielen Wege zurücklegen musste zwischen Waschmaschine, Wickeltisch, Kindergarten, Supermarkt und später dann der Schule. Da war ich fassungslos, wenn mir meine Freundin erzählte, sie ginge noch zweimal die Woche zum Sport. Woher nahm sie die Kraft, fragte ich mich. Heute weiß ich zwei Dinge: Manchen Menschen spendet Sport Energie! (Die Frage ist, ob das wirklich nur bei manchen Menschen so ist und wie viele Jahre ich noch brauche, um anerkennen zu können, dass es einfach wahr ist: Sport spendet tatsächlich jedem Menschen Energie, auch mir! Ich befürchte, dass das stimmt. Es gibt Anzeichen.)
Und zweitens: Auch wenn du die Augen noch eine Weile vor dieser Tatsache verschließen möchtest, holt dich das Thema Sport ein. Ob du willst oder nicht.
Bei mir ist es so, dass die allermeisten meiner Alltagswege mittlerweile ganz schleichend weggefallen sind.
Die Kinder gehen ihre Wege allein. Was bedeutet: Ich fahre immer noch alles mit dem Rad. Aber eben deutlich seltener und auch deutlich weniger beladen. Plus: Ich sitze wieder mehr am Schreibtisch. Ergo: Mein Rücken schmerzt! Gemeinerweise tut er das nicht, wenn ich eine Bewegungseinheit in meinen Tag einbaue. Sei es nur einmal rasch aufs Rad oder diese eine Yoga-Stunde in der Woche, die ich mir für Herbst und Winter wieder fest vorgenommen habe. Ich sehe – auch wenn die Erkenntnis weh tut: Sport wird unumgänglich, wenn wir älter werden.
Diesen Text von damals, den habe ich übrigens wie verrückt gesucht in meinem Wust aus Notizen und Dokumenten, Dateien und wilden Zettelsammlungen – Aber wie es manchmal so ist: verhext. Als hätte es diesen Text nie gegeben.
Ich habe sämtlich Suchzeilen bedient, aber auf das Stichwort „Sport“ keinen einzigen Treffer erhalten. Vielleicht ist das aber auch einfach ein Teil der Wahrheit.
Naja. Jetzt habe ich diesen Text hier nochmal neu geschrieben, weil ich die Beantwortung der initialen Frage wirklich spannend finde. „Maike, machst du eigentlich Sport?“ Und tja: Ich finde diese Frage einfach schon toll formuliert. Denn sie enthält das wunderbare Wort „eigentlich“. Und das öffnet wirklich Türen! Also: Mache ich eigentlich Sport? Da sage ich jetzt mal ganz klar: eigentlich ja. Und eigentlich auch: nein.
Erschreckenderweise haben meine Geräte mittlerweile immer schneller Antworten auf die großen und kleinen Fragen meines Lebens parat als ich sie ausarbeiten kann. Seit ich diesen Text begonnen habe zu schreiben und mehrfach das Wort „Sport“ getippt habe, spuckt mir der Algorithmus konsequent Werbung für schweißtreibende Fitnessvideos für Frauen aus und regelmäßig auch die ZEIT-Umfrage mit dem schönen Titel: „Wie regelmäßig machen Sie Sport?“ Die Frage ist auch wirklich gut formuliert. Denn es schmeichelt mir sehr, dass die ZEIT-Redaktion davon ausgeht, dass ich durchaus Sport treibe. Aber statt hier noch länger herum zu philosophieren, drehe ich jetzt mal eine Runde. Es ist Sonntag. Da laufen wir seit Kurzem eine kleine Runde zusammen. Ich jogge langsam, mein Mann geht flott nebenher. Das geht, seit die Kinder auch mal ein halbes Stündchen alleine bleiben können. Wir reden dann. Und keiner quatscht rein! Dafür lohnt sich das! Für den Rücken gleich mit!
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