Für diesen Sommer habe ich mir etwas vorgenommen. Ich will Kopf voran ins Wasser springen. Den ersten Kopfsprung meines Lebens wagen.
Waaas? Du hast noch nie nen Kopfsprung gemacht? Ne. Kann ich nicht. Konnte ich noch nie. Ist nicht schlimm. Und wenn ich ehrlich bin, frage ich mich auch: Warum sollte ich Kopf voran irgendwo reinspringen?
„Na, weil’s Spaß macht!“, höre ich meine Freundin. Und ich glaube ihr. Nicht. Kopfsprung ist was für Angeber. Sie ist auch stolz, dass sie das kann. Stolz sein ist nicht gleich angeben, schon klar. Vielleicht sage ich das nur, weil ich neidisch bin. Sicher sagen kann ich: Als Mutter und Autorin springe ich im übertragenen Sinne zwangsläufig jeden Tag ins kalte Wasser. Wobei mir der vom privaten Beckenrand im Vergleich zum beruflichen deutlich leichter fällt. Vielleicht weil ich in der Rolle der Mutter schon öfter die Erfahrung machen durfte, dass es lohnt, sich einfach in den Alltag zu stürzen - mit Mut zur Lücke, zum Chaos und zum eigenen Ich.
Aber auch als Autorin darf ich erfahren, dass Mutigsein eigentlich immer belohnt wird.
Ich sage „eigentlich“, weil ich in den letzten Jahren viel ausprobiert habe, um mich mit meinem Schreiben voranzubringen. Und vieles davon ging in die Hose. Zum Beispiel ein kostenpflichtiger Newsletter, den außer meinen Eltern und meiner Tante vom Bodensee kaum eine:r abonniert. Nicht einmal zugehöriger Onkel. Na klar kriege ich da Angst, mich zu blamieren und frage mich, ob das, was ich da tue, kreiere, versuche, gut genug ist. Mist.
Manchmal bin ich wirklich neidisch auf die Kopfsprungkönner! Ein Kopfsprung ist so eine klare Sache. Machste und zack: Haste bewiesen! Kannste was, biste was! Wirste was. Echt? Entschuldige, jetzt muss ich selber lachen. Meinen Kindern erkläre ich nämlich: „Das ist allein eine Frage der Übung.“
„Warum übst du‘s dann nicht?“, fragen die mich zurück. Hm. Tja. Vielleicht weil ich schon so viel Mut aufbringen muss an so einem ganz stinknormalen Tag, dass ich mich nicht auch noch an anderer Stelle zusätzlich herausfordern will?
Aber was, wenn meine Freundin Recht hat und es wirklich Spaß macht?
Warum nicht. Ich will das probieren. Wenn’s sein muss auch üben. Um dann zu meinem 43. Geburtstag wie meine Freundin ins Wasser zu gleiten. Oder warte! Wie meine Freundin? Nö. Wie ein Hecht? Nö. Wie eine Meerjungfrau? Nö. Wie ich! Voll Mut und Zuversicht!
So ein Kopfsprung kann ja nicht so schwer sein. Kann doch jede:r. Stopp, Moment, lösche den letzten Satz! Mit solchen Aussagen bin ich vorsichtig. Ich habe das auch schon oft gedacht übers Skifahren. Bis ich dann wieder auf diesen Höllenbrettern stand. Vielleicht erinnerst du dich an eine meiner ersten Podcast-Folgen? Aber gut. Zurück zum Wassersport:
Womöglich kann ich einen Kopfsprung, weiß es nur nicht, weil ich es noch nie versucht habe? Stell‘ dir das mal vor!
Für das Seepferdchen war es damals glücklicherweise ausreichend, einmal mit Schmackes vom Beckenrand zu hopsen. Füße voran. Das reichte mir schon. Ich kniff die Pobacken zusammen, hielt mir die Nase zu und sprang. Haken dran. Freude bereitete es mir nicht.
Erfolgreich hatte ich mich in Jugendjahren vor weiteren Sprüngen gedrückt. Für meine beste Freundin, die beim DLRG wöchentlich schwamm, war das okay. Nur einmal versuchte sie mich zu einem Kopfsprung zu ermuntern. Das sei nicht schwer: „Schau‘, mach einfach so und so!“. Ich sah zu, wie sie sich schier mühelos vom Beckenrand abstieß und in einem Schwung ins Wasser glitt. Da war kein Pflatsch, nur Wasser wie ein Spiegel, ihr Körper leicht in der Luft, in einem sanften Bogen, die Zehen gestreckt. Sie tauchte ein, sie tauchte auf. So in etwa stelle ich mir das vor.
Aber: Wie mache ich das?
Atme ich am besten kräftig aus, sobald ich auch nur losspringe? Oder halte ich die Luft besser gleich an? Ich muss die Kinder fragen. Wovor habe ich eigentlich Angst? Dass ich Wasser in die Nase kriege? Mich verschlucke, laut pruste? Mich wie meine kleine Schwester damals in diesem unsäglichen Schwimmkurs in die Rille am Beckenrand erbreche? Das ist für mich eine schlimme Erinnerung. Ich war so wütend auf den Bademeister und seine wüsten Lehrmethoden!
Ah, jetzt erinnere ich mich. Meine Freundin hatte da einen Trick: Sie blies die Backen auf wie ein Kugelfisch und verschloss mit der sich wölbenden Oberlippe ihre Nasenlöcher. Lernt man sowas beim DLRG?? Ich glaube nein. Das war ihr persönlicher Trick. Ob sie das immer noch so macht? Egal! Ich will’s versuchen! Weil… Könnte ja klappen!
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