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Mädchen, Mädchen

Autorenbild: madamedammmadamedamm

„Es war eine Mutter, die hatte vier Kinder. Den Frühling, den Sommer, den Herbst und den Winter,“ singen unsere Jüngsten gerne abends im Bett. Ich muss dann immer lachen, denn ja: Das fühlt sich an wie ein Lied über mich. Und meine vier Töchter. Wobei ich den Text anpassen würde, denn bei uns bringt der Winter nicht selbstverständlich den Schnee und der Sommer den Klee.


Vier paar braune Herbstschuhe aufgereiht vor dem Schuhregal
In den Schuhen ihrer Schwestern

Meine Kinder überraschen mich immer wieder, da wachsen die schönsten Blumen im November, dafür hagelt es auch mal im August. Jede einzelne meiner Töchter bringt so ihre ganz eigenen Wetterchen und Gaben mit.


Oft werde ich angesprochen: „Lustig! Die sind sich ja echt total ähnlich!“ Dann stutze ich.


Und begucke mir meine Kinder mit dem mir möglichen Abstand. Ähnlich? Schon optisch unterscheiden sich die vier sehr deutlich. Die einen sind eher groß gewachsen, die anderen kommen klein daher, eine ist sehr hell, die andere ganz dunkel, zwei so was Gemischtes dazwischen, außer Locken ist so ziemlich alles dabei. Was ich ein bisschen schade finde, denn die Locken meiner Mutter wären schon ne Wucht gewesen, wenn wir die noch einmal hätten zustande bringen können! Aber Haare hin oder her: Auch so sind unsere Kinder so unterschiedlich wie sie es nur sein könnten. Noch öfter als „Die sind sich ja total ähnlich!“ höre ich darum wohl auch:


„Krass! Die sind ja echt total unterschiedlich, oder?“


Und diese beiden Aussagen zusammengenommen treffen es wohl am allerbesten: Diese vier Kinder sind sich so ähnlich und im selben Moment so verrückt unterschiedlich, dass ich es manchmal selbst kaum glauben kann!

 

„Aber sind ja alles nur Mädchen!“, kriege ich dann oft zu hören, wenn ich das sage. Dann denke ich nach. Sollte das Geschlecht wirklich die eine Sache sein, die von Natur aus die dramatischste Ähnlichkeit schafft? Immer wieder komme ich zu dem Schluss:


Ja, es sind alles Mädchen. Aber diese vier Kinder sind so unterschiedlich, ein Junge könnte den Grad an innergeschwisterlicher Unterschiedlichkeit ganz sicher nicht zusätzlich erhöhen.

 

So sehr sich unsere Kinder in ihrem Äußeren unterscheiden, so sehr unterscheiden sie sich noch mehr in ihrem Wesen voneinander. Das merke ich in den kleinsten Alltagssituationen. Die eine hat Freude an permanenter Bewegung, die andere geht alles betont gemütlich an. Bei uns ist es ausgerechnet die Kleinste, die das Marmeladenglas aufdreht, und dabei die gesammelte Kraft aus ihrem winzigen Oberarm holt, während ihre größere Schwester über den Ausgang einer Streitsituation allein mit einem Blick entscheiden kann. Die wieder nächste löst Konflikte gerne körperlich. Groß ist bei uns nicht gleich stark und blond noch oft das Gegenteil von brav gewesen. Meist verhalten sich unsere Kinder entgegen allen Klischees.


Die eine singt völlig frei und ungeniert, macht schräge, abgehackte Bewegungen auf dem flauschigen Kinderzimmerteppich und wirft ihre Arme schlackerig in die Luft, während sie sich abends aus ihren Anziehsachen schält. Gerade so, wie es ihr in genau diesem Moment entspringt. Ihre Schwester ist in ihrem Handeln sehr bewusst, legt ihre Kleidung abends ordentlich der Reihe nach ab. Mit derselben Geduld nimmt sie Dinge hin, die sie nicht ändern kann. Sie ärgert sich nur selten. Aber wenn, dann so vom Donner, dass ihre Schwestern nur gemeinsam dagegen anbrüllen können!


Beim Essverhalten geht es weiter: Eine giert nach Süß, schlägt Purzelbäume vor Freude, wenn ich Grießbrei serviere. Die andere verlangt nach „Wurscht“ und will grundsätzlich „was G’scheits“. Mit dem Hunger kommt da bei ihr so eine bayerische Färbung in den Ton ihrer Bestellung rein. Die Dritte besteht im Moment auf „gesund“ und isst grundsätzlich kein Tier. Die Letzte ist eine einfache Sache, ne Pasta muss her.


Wenn es ans Verkleiden geht, macht die eine mit Vorliebe den Draco Malfoy, während die andere - als wäre es gerade zum Beweis des Klischées - am liebsten als Glitzerfee durchs Zimmer flattert.

 

Weil es alles „nur“ Mädchen sind, heißt das noch lange nicht, dass sie dieselben Vorlieben oder gleichen Interessen hätten, alle Rosa liebten, sich besonders gut vertrügen oder selbstverständlich füreinander sorgten. Ja, es sind Mädchen. Und sie sind sich in mancher Hinsicht sehr ähnlich. In den allermeisten Dingen unterscheiden sie sich aber sehr. Und das tagtäglich so deutlich zu sehen zu kriegen, denke ich manchmal, ist der entscheidende Vorteil, wenn es darum geht, Kinder so anzunehmen, wie sie eben sind. Denn meine vier Mädchen machen in jedem Moment unseres Zusammenlebens wunderbar sichtbar, wie unterschiedlich Menschen sind. Und das hat gar nicht mal viel ihrem Geschlecht zu tun. Und auch nicht so besonders viel damit, wie ich mich als Mutter, mein Mann sich als Vater oder wir beiden zusammen uns als Eltern ihnen gegenüber verhalten. Kinder bringen einfach schon erstaunlich viel mit, wenn sie auf diese Welt kommen. Davon bin ich immer wieder fasziniert! Und gleichzeitig beruhigt mich das. Wir haben definitiv weniger Einfluss als wir manchmal denken!


Ich und vier Töchter? Das hätte ich übrigens nie gedacht. Ich habe immer was Gemischtes für mich gesehen, auch einen Sohn, na klar! Als wir dann zum vierten Mal im Kreißsaal unser Mädchen in den Arm gelegt bekamen, schrieben wir auf die Geburtsanzeige: „Es ist ein Mädchen!“


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